Montag, 14. Januar 2008

Roland Koch frisst kleine Kinder

Das könnte man zumindest meinen, wenn man sich die Aufregung um die letzte Äußerung des hessischen Ministerpräsidenten zum Jugendstrafrecht ansieht.
[Ok, Ok, ist nicht gerade originell, mal was zu der Debatte um Koch zu schreiben. Ich machs trotzdem, weil die ganze Angelegenheit für mich letztendlich der Auslöser war, auch mal selbst was zu bloggen]
Ist ja auch erstmal nicht so leicht zu verdauen, wenn man Überschriften liest wie "Koch will Jugendstrafen für unter 14-jährige!". Prompt wurde dem Mann bescheinigt, "jetzt völlig durchzudrehen" oder "zurück ins vorletzte Jahrhundert" zu wollen. Und vor dem geistigen Auge sieht man arme, verängstigte 10-jährige hinter Gittern zusammengepfercht, wahlweise mit Roland Koch als Reinkarnation der Hexe aus Hänsel und Gretel, der schonmal den großen Kochtopf übers Feuer hängt.
Aber was hat Koch denn nun genau gesagt, was Beck und Co. an den Rand des Hyperventilierens bringt?
In der "BamS" von gestern findet sich folgender Ausschnitt aus einem Interview mit Koch:

BAMS: Fachleute sagen, kriminelle Karrieren müssten gerade im Kindesalter von 12, 13 Jahren gestoppt werden, um Schlimmes zu verhindern. Geht das überhaupt?

KOCH: Wir wollen keine Schnellschüsse, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es eine sehr aggressive Kriminalität einer sehr kleinen Gruppe von Menschen unter 14 Jahren gibt. Oft werden diese Jugendlichen auch noch von Erwachsenen benutzt, die genau auf die Strafunmündigkeit der Täter setzen. Darauf gibt es zwei Antworten. Erstens: striktere Entziehung des Sorgerechts durch die Jugendbehörden. Zweitens: In Ausnahmefällen könnten Elemente des Jugendstrafrechts für diese Zielgruppe eingesetzt werden. Wenn man betrachtet, wie im entsprechenden Milieu solche kriminellen Karrieren entstehen, dann muss man über die Anwendung des Jugendstrafrechts diskutieren. Diese kleine Minderheit entzieht sich nämlich allen anderen Bemühungen.


Halten wir fest: Das Thema "Kriminalität von unter 14-jährigen" wird von dem Interviewer ins Gespräch eingebracht. Koch antwortet - der Realität folgend, via PI- , dass es eine sehr kleine Gruppe Minderjähriger gibt, von denen eine sehr aggressive Kriminalität ausgeht. Eine Antwort darauf könnte sein, in Ausnahmefällen Elemente des Jugendstrafrechts auf solche notorischen Straftäter anzuwenden.

Preisfrage: Wie wahrscheinlich ist es wohl, dass er damit ausgerechnet Haftstrafen gemeint hat, wie man anhand der aufgekommenen Debatte hätte meinen können. Kleiner Tipp: Selbst 18-jährige werden auch nach 30 schwereren Straftaten oftmals nicht in den Knast gesteckt.

Die erneute Aufregung ist mal wieder völlig überzogen, mittlerweile hat Koch selbst seine Aussage ja präzisiert und nennt die Einweisung in ein Erziehungsheim als Maßnahme

Dies ist auch an anderer Stelle zu hören

Wie auch immer, die Äußerungen von Roland Koch sind längst nicht so skandalös wie sie von einigen gemacht werden. Das Thema ist viel zu wichtig und die Realität zu lange aufgrund von Tabus ausgeblendet worden. Diese Tabus sind nun erstmals von einem Spitzenpolitiker gebrochen worden. (Damit meine ich die ganze Kampagne und nicht nur den hier behandelten Teil) Damit hätten wir eigentlich eine gute Grundlage für eine offene Diskussion ohne Denkverbote . Es wäre nur wünschenswert, wenn man auch bei SPD (und nicht nur dort) die ideologische Brille abnimmt und die benannten Fakten als Grundlage annimmt.



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